Eine spannende Zeit liegt hinter mir – vor mir übrigens auch, aber das ist eine andere Geschichte.

Gestern war es so weit. Ich war im Gymnasium und habe endlich meine große Tochter abgemeldet. Den Stein, der von meinem Herzen fiel, konnte man bis zu den Plejaden plumpsen hören.

Wie es so weit kam?

Ein Prozess des Beobachtens, des Spürens und des Abwägens. Ein Prozess des Hinterfragens von Gegebenheiten und des Überprüfens von existierenden Standards. Ein Ausloten, eine eigene Standortbestimmung, ein Bewusstmachen der eigenen Haltung, ein Ausdrücken der inneren Wahrheit. Ein Vertrauen auf das Wissen meines Kindes, ein Zuhören, ein Hinhören auf die Sichtweisen einer 11-Jährigen.

Im Herbst des letzten Jahres ging meine Tochter in das Gymnasium. Hoch erhobenen Hauptes mit der festen Überzeugung, alles in ihrem Leben schaffen zu können. Mit dem Glauben an sich selbst, der sich in dem Satz „Mami, du musst dich um gar nix kümmern, ich werde das alles ganz alleine machen und mich wunderbar um meine Aufgaben kümmern“, ausdrückte.

Wie toll ist es zu sehen, wie sie aufrecht, voll Freude
und Stolz über das Brücklein in Richtung Schule eilt.
Zielstrebig, freudvoll, hoch motiviert.

Und dann ist etwas geschehen. Was genau es ist, kann ich nicht sagen, aber irgendwie hat sich etwas verschoben.
Ehrlicherweise muss ich sagen, dass dies nichts mit der Schule zu tun hat. Diese ist noch immer in diesem wunderschönen, geschichtsträchtigen Gebäude beheimatet wie schon seit Ewigkeiten. Diese ist noch immer so aufgestellt wie schon seit vielen, vielen Jahrzehnten. Es hat mit uns zu tun.
Wir haben uns und unser Weltbild anscheinend im letzten Jahr stetig verrückt – so, dass es nun nicht mehr möglich ist, in einem so tradierten System Platz zu finden und sich wohlzufühlen.

Beginnend mit der Entscheidung vor 8 Jahren, den Spielraum nach Emmi Pikler zu besuchen, veränderte sich unser Leben. Es war der Beginn einer Wende. Die Wahl, einen anderen, eher verwunschen anmutenden Waldweg zu beschreiten. Der Entschluss, den ersten Schritt in diese Richtung zu setzen und diese noch unbekannten Weglein zu beschreiten. Anscheinend sind wir diesen Weg so nachhaltig, fasziniert und stetig gegangen, dass wir nun, wo wir den Blick heben und wieder mal nach außen richten, erkennen, dass er uns in eine Welt geführt hat, die mit der konventionellen Welt der Leistungsgesellschaft nichts mehr gemein hat.

Und jetzt stehen wir da und sehen uns einmal um
und erkunden, wo wir gerade stehen.

Lustigerweise hat uns der Weg nämlich so gefesselt und in seinen Bann gezogen, dass uns gar nicht bewusst war, wie weit weg er uns vom konventionellen, ausgetretenen Pfad der Masse geführt hat.

 

Das erste mal wurde es uns bewusst, als wir uns vor einem halben Jahr nach Unterstützung für unser Büro umsahen. Wir verhielten uns ja wie immer.
Allerdings hatten wir in unserer Bewerbungsschreiben als Grundbedingung und wichtigstes Kriterium, um bei uns zu arbeiten, „fröhliche, positive Einstellung zum Leben“ geschrieben. Für uns die Grundlage, um aus dem Herzen heraus handeln zu können.

Die Rückmeldungen der unzähligen Berwerberinnen waren überwältigend für uns. Sie hätten das noch nie erlebt, dass sich ein Unternehmen derart offen präsentiert.

Für uns ist es normal, dass wir in der Früh unere Grundhaltung herstellen, die uns dann in einen positiven Tag führt. Und frische Luft und Bewegung lassen dies geschehen. Somit halten wir unsere Morgenbesprechung (meistens spirituelle Themen) täglich beim Walken im Wald ab.

Unsere neue Mitarbeiterin kann es einfach noch immer nicht fassen.

Aber nun zurück zu meiner Tochter.

Kein Wunder, dass sie, die seit Jahren den Weg des Entdeckens, des Staunens, des Beobachtens und des Spürens geht, mit der eher grauen Schnellstraße, auf der jedes Innehalten des Einzelnen beinahe eine Massenkarambollage auslöst, sich nicht orientieren konnte.

Ein Kind, das seit 8 Jahren in Ihrer Einzigartigkeit gesehen wurde, das sich plötzlich auf eine Nummer in Form einer Schulnote reduziert wiederfand, konnte sich in Ihrer neuen Welt nicht orientieren. Hier herrschte ein anderer Wind, eine andere Gangart. Walzer und ChaCha sind eher unerwünscht und werden befremdlich bestaunt. Radedzkymarsch ist an der Tagesordnung.

Mein Kind fand sich in einer für sie farblosen Umgebung wieder, deren Regeln sie nicht kannte. Und dennoch war es ein Wunsch von ihr da hineinzupassen. Und sie versuchte es. Jedoch mit immer weniger Freude und somit auch mit ausbleibender Motivation. Doch der Wunsch zu entsprechen war da. Und vor allem der Wunsch nach dem Sein in der gewohnten Gemeinschaft ihrer Freundinnen. Selbst dann noch, als sie bereits ausgesprochen hatte, dass sie den Sinn dieses Tuns nicht verstehen könne. Dieses Lernen der Noten und der zukünftigen Chancen wegen.

Wie sollte sie dies auch verstehen, wo sie seit Jahren ihre eigenen Businesskonzepte (Streichelzoo, Veganes Restaurant…) konzipierte und alles lernte, was sie dafür benötigt. Und zufälligerweise hatte das Leben Mozarts momentan in ihrer Welt keinerlei Priorität – war er doch weder Veganer noch Tierpfleger.

Und ich konnte sie gut verstehen,
so unglaublich gut.

Hatte ich doch selbst den Magister in Betriebswirtschaft wegen der mir nicht transparenten Sinnhaftigkeit einzelnen Fächer nie abgeschlossen.

Was sage ich ihr auf die Aussage: „Mami, die halten mich auf, meine Bestimmung zu leben. Kann ich nicht einfach das tun, was aus mir kommt?“
Vor allem dann, wenn meine eigene Antwort nicht die ist, dass sie das lernen soll, was ihr gesagt wird und dann die Augen zu und durch.

Letztendlich war die Diskrepanz zwischen unserem Weltbild und dem Weltbild der Schule doch zu groß und meine Große konnte loslassen und sich der neuen Schule zuwenden. Mit Lernmethoden aus der Montessori-Ecke und der Grundeinstellung, dass es die Aufgabe der Lehrer ist, Kinder zu begleiten und ihr Interesse zu wecken, anstatt zu prüfen und zu dirigieren.

Und gestern bei der Abmeldung erhielt ich die vollkommene Bestätigung, als wir mit dem Klassenvorstand aus Sophies Klasse ein Gespräch führten.

Er war sehr freundlich und wirklich von Herzen berührt. Er drückte aus, dass es ihm Leid täte, weil er Sophie sehr gerne mag. Durchaus alles sehr menschlich und herzlich.

Dennoch war in jedem Satz zu spüren, wie weit unsere Weltbilder auseinanderklafften. Ob wir denn glaubten, dass eine 11-Jährige solch einschneidende Entscheidungen, die ihren weiteren Lebensweg beträfen, alleine treffen könne. Ganz im Gegensatz zu dem Vertrauen, das wir haben, dass unsere Kinder spüren können, was ihnen guttut und was nicht.

Ob wir denn nicht glaubten, dass Kinder durchaus auch mal lernen sollten, mit den Vorgaben des Lebens umgehen zu lernen (dies glaube ich durchaus). So, wie er es formulierte, sah er aber das Leben als das System – und mit dieser Ansicht gehe ich überhaupt nicht konform. Das Leben präsentiert uns Aufgaben, um uns zum fordern und wachsen zu lassen. Das System präsentiert uns Grenzen und Regeln, um Menschen in gewisse Richtungen bewegen zu können. Und das ist ein Unterschied.

Wir nehmen im Gespräch die wohlwollenden Worte des Lehrers an und spüren jedoch in jeder Pore, dass wir an gänzlich anderen Punkten des Lebens stehen. Und können nun vollkommen nachvollziehen, dass unsere Tochter einfach ihren Platz in dieser konventionellen Welt nicht finden konnte.

 

Abschließend lädt mein Mann den Lehrer noch ein, doch einfach einmal auf ein Gespräch bei uns vorbeizukommen und bei einem Glas Wein über das Leben zu reden. Richtigerweise erkennt der Klassenvorstand, dass wir da wohl nicht mit einem Achterl auskommen würden. Ich erkläre mich bereit, auch durchaus eine Bouteille mit ihm zu leeren, wenn es denn der gegenseitigen Annäherung diene.

Als mein Mann dann auch noch erwähnt, dass gerade ein günstiger Zeitpunkt wäre vorbeizukommen, da ein befreundeter Schamane eben bei uns zu Besuch ist und dies durchaus zu einem interessanten Gespräch führen könnte, ist es um die Contenance des Lehrers geschehen. Kein Wunder, ist der Klassenvorstand doch eher von der anderen Fraktion – er hat es eher nicht so mit Mutter Natur und Spiritualität, sondern wählt eher den Zugang über den lieben Gott (Religion als Unterrichtsfach).

Nun ja, wir wissen in jeder Pore, dass es die richtige Entscheidung war. Meine Tochter sprudelt wieder. Sie ist freudvoll und gelöst. Interessiert und motiviert. Und sie liebt es wieder in die Schule zu gehen.

Danke liebes Leben für diese so wertvolle Erfahrung und dieses Aufzeigen unseres Standortes. Es hilft uns, in Zukunft schon früher zu erkennen, welche Wege für uns geeignet sind und die Richtung einzuschlagen, die unserem Herzen entspricht.

In diesem Sinne: einen wundervollen Tag. Und vielleicht wollt auch Ihr einmal den Kopf heben und schauen, wo ihr steht, welche Wege rund um euch sind und hineinspüren, was sich gerade richtig für euch anfühlt und was nicht!

 

Herzlichst, Deine
Silvia

PS: Du möchtest dies Kraft und den Mut in dir finden auch einmal unkonventionelle Wege gehen zu können, wenn sie gut für deinen Herzensweg sind? Dann vereinbare gerne hier unter s.lindner@me.com ein kostenloses Beratungsgespräch, bei dem wir herausfinden können, ob ich die Richtige bin, um dir die passenden Impulse zu geben, um dein Leben in diese Richtung hin zu verändern. Ich freue mich auf dich!